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02.02.2022 SOLIDARITÄT STATT VERSCHWÖRUNGSMYTHEN: Demobericht

Heute waren wir wieder zusammen mit einigen anderen Gruppen und Initiativen auf der Straße, um den Querdenker*innen zu sagen was wir von ihnen halten: Nämlich ganz und gar nichts. Nachdem unsere lautstarke Demo am Elisabeth-Blochmann-Platz endete, haben die Cops den Platz für die Schwurblis freigeräumt, schließlich sollte deren unsolidarischer Aufmarsch dort starten. Allerdings war der ganze Platz umringt von Antifas und Gegenprotestierenden umringt, weshalb die Schwurbler*innen sich zunächst gar nicht so richtig getraut haben zu ihrem Startpunkt zu gehen. Die komplett irrationale Auftaktkundgebung wurde von der Lautstärke des Gegenprotests übertönt und die Schwurblis hatten schon zu Beginn keinen Bock mehr! Nachdem unsere Gegenkundgebung beendet war und der Aufmarsch der geballten verschwörungserzählerischen und antisemitischen Wissenschaftsfeindlichkeit aufgebrochen war, haben einige stabile Antifas den Platz mit den Wellenbrechern der Cops und Fahrrädern blockiert. Die Schwurblis mussten ihre Endkundgebung mal wieder auf der Straße halten, was den nur knapp 200 Querdenker*innen restlos den Tag versaut hat.

Danke an alle Gegenprotestant*innen! Am Montag will der verschwurbelte Haufen wieder durch die Stadt „spazieren“. Keine Ruhe der Schwurbelei und kein Frieden mit Antisemit*innen!

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Berichte Redebeitrag

08.01.2022 SOLIDARITÄT STATT VERSCHWÖRUNGSMYTHEN: Demobericht und unser Redebeitrag

Kurze Info vorab: Hier werden in den nächsten Tagen immer mal wieder ältere Beiträge von uns nachträglich hochgeladen. Die werdet ihr dann an dem schönen Wort „Archiv“ erkennen können!
+++ Schwurbler*innen die Route geklaut +++
Heute, am 08.01., haben wir zusammen mit ca 250 Demonstrierenden und etlichen Gruppen gezeigt, dass Marburg kein Bock auf Verschwörungsmythen und unsolidarische Pandemie Bekämpfung hat. Schon überhaupt bevor der heutigen Demo war die Aktion ein voller Erfolg, da die Schwurbler*innen von ihrer Route, die sie die letzten Male gelaufen sind verdrängt wurden. Anstelle der Route durch die Stadt, liefen die jämmerlichen Gestalten vom Georg-Gaßmann-Stadion bis in die Südstadt hinein, womit wir also mehr Menschen davor bewahren konnten, so einem nervtötenden und gefährlichen Haufen zu begegnen. Stadtdessen gingen nämlich wir die Route durch die Stadt und sorgten mit dem Verteilen von Flyern dafür, dass Passant*innen unsere Positionen nachvollziehen konnten. Besonders kamen diese Positionen in den sehr bereichernden Redebeiträgen nochmals zur Geltung. Denn wir wollen nicht nur kein antisemitisches und unwissenschaftliches Geschwurbel, sondern eben auch einen anderen Umgang mit der Pandemie. Wir wollen einen solidarischen Umgang, das heißt: Die Reichen zur Kasse bitten, die Patente nicht mehr unter Verschluss halten, Löhne im Medizinsektor rauf, Privatisierung unserer Krankenhäuser stoppen und die Enteignung starten und noch viel mehr!
Leider werden die Schwurbler*innen nicht von alleine aufhören, deshalb morgen ausruhen, und dann wieder auf die Straße gehen! Denn: Kein Frieden mit Antisemit*innen!
Wir wollen uns hier an dieser Stelle nochmal bei Fridays For Future Marburg bedanken und vorallem auch bei allen anderen Gruppen die uns unterstützt haben und insbesondere sich die Arbeit gemacht haben einen Redebeitrag zu erstellen.
Apropros Redebeitrag, hier folgt unserer:
Liebe Genoss*innen und liebe Freund*innen
    
Seit einigen Wochen sind sie wieder da. Die hässlichen, antisemitischen und egoistischen Coronaproteste der Marburger Querdenker*innen. Jeden Montag treffen sie sich nun zu pseudo Spaziergängen und werden dabei immer mehr. Neben dem Vater Unser und die Gedanken sind frei, schreien sie immer wieder nach dem Ende ihrer fantasierten Corona-Diktatur und für ihre individuelle Freiheit. und ausgerechnet heute wollen sie Hevenu Shalom Alechem singen, ein jüdisches Volkslied, welches die Sehnsucht nach Frieden von jüdischen Menschen ausdrückt. Das ist an Widerlichkeit kaum zu überbieten.
Doch wer sind diese Menschen, die sich für solch einen inhaltsleeren Müll mobilisieren lassen?
Zu unserer Verwunderung und offen gesagt auch zu unserem Erschrecken, findet sich bei diesen Demonstrationen eine sehr heterogene Masse wieder. Von unscheinbar wirkenden Studierenden, über esoterischen Hippies, vermeintlich Linken, Aktivist*innen der critical mass und strammen Nazis, tauchen mehrheitlich Gestalten auf, die sich selbst als die so genannte bürgerliche Mitte verstehen.
Viel zu oft wird ihnen abgesprochen zur bürgerlichen Mitte zu gehören, doch genau dort liegt das Problem. Denn die bürgerliche Ideologie ist der perfekte Nährboden für autoritäre Fantasien und Verschwörungsmythen.
Die Ohnmachtserfahrung einer globalen Pandemie und die daraus resultierende weitere imaginierte Ohnmacht durch die Maßnahmen, führen hier zu keiner vernünftigen gesellschaftlichen Analyse. An die Stelle eben jener kritischen Analyse werden hier lediglich antisemitische Verschwörungstheorien gesetzt. Denn diese geben den Verschwörungsideolog*innen wieder ein Gefühl der Ermächtigung, da sie ihnen ein klares Feindbild geben, welches es zu Beseitigen gilt, um die Krisenlage zu überwinden. Hier werden glasklar die autoritären und rachelüstigen Vernichtungsfantasien deutlich. Denn sobald die Verschwörer*innen und alle ihre Unterstützter*innen vernichtet sind, erst dann, ist die Ohnmacht wieder vollständig verschwunden. Dass als Verschwörer*innen hauptsächlich jüdische Menschen ausgemacht werden ist bei diesen Theorien beinahe ein trauriger und erschreckender Klassiker und deshalb kaum überraschend. Doch, dass Antisemtismus in Deutschland nur noch im Kontext von Verschwörungstheorien stattfindet, ist leider ein Irrglaube. Vielmehr ist er in die Grundlage westlicher Gesellschaften eingebrannt. Mit der Leipziger Autoritarismus Studie aus dem Jahre 2020 wurde gezeigt, dass 34% der Deutschen, der Aussage zustimmen, dass jüdische Menschen noch immer zu viel Einfluss in Deutschland haben.
Doch auch an anderer Stelle, sammeln sich die autoritären Wünsche der bürgerlichen Ideologie in den Corona-Protesten. Zwar skandieren sie Dinge wie „keine Diktatur“ oder „mehr Basisdemokratie“, meinen damit jedoch ausschließlich die radikale, kompromisslose und gewaltsame Durchsetzung ihrer Ansichten und Positionen in der ganzen Gesellschaft. Dies jedoch ist letztlich autoritär und antidemokratisch und zeigt sich in wiederholten Angriffen gegen Journalist*innen sowie Morddrohungen gegen Politiker*innen und den Wunsch eine „neue Ordnung“ zu errichten. Dabei gehen sie allerdings alles andere als progressiv vor. Sie wünschen sich eine mystifizierte Version der Welt von vor zwei Jahren zurück, die es so nie gegeben hat. Um dies zu erreichen sind ihnen letztendlich alle Mittel recht.
Doch was bedeutet diese Freiheit, die sie sich zurück erkämpfen wollen, eigentlich?
Im Grunde ist ihr Freiheitsbegriff ein konsequent egoistischer. Es geht ihnen darum, während einer globalen Pandemie, sich nur für ihre eigene Gesundheit interessieren zu müssen. Das bedeutet: Sie verwehren sich jeglicher Rücksichtsnahme auf andere. Ihr Interesse, ihren unwissenschaftlichen Willen durchsetzen zu wollen, steht über dem Recht auf Gesundheit und Lebensrecht aller anderen. Ihre Freiheit setzt sich somit aus dem Wunsch zusammen zu jedem Zeitpunkt und überall genau das tun zu können was sie wollen. Irrelevant, ob sie andere damit einer Gefahr aussetzen. Denn es schert sie nicht, ob das Pfelegepersonal in den Kliniken vollends überlastet ist und täglich Menschen sterben, solange sie weiterhin ihren bürgerlichen Lebensstil von vor zwei Jahren durchprügeln und weiter leben können. 
Dieser Freiheitsbegriff ist die konsequent zu Ende gedachte vermeintliche Freiheit des Neo-Liberalismus, der indivdiuelle Freiheit einzelner privilegierter Menschen nur ermöglicht, durch die Unfreiheit anderer. Dabei nämlich vor allem People of Colour im globalen Süden, Menschen in prekärer Beschäftigung und denjenigen, die aufgrund ihrer Identität keinen Platz im bürgerlichen Idealbild finden.
Zum Schluss finden wir uns dann doch wieder bei der Frage: Wie kann ein emanzipatorischer und progressiver Freiheitsbegriff aussehen?
Es ist notwendig, Freiheit immer antiautoritär, hierarchiefrei und solidarisch zu begreifen. Denn Freiheit kann nur außerhalb kapitalistischer, normativer und gesellschaftlicher Zwänge existieren. Diese Zwänge diktieren uns wie wir unsere Lebenszeit investieren müssen,nämlich hauptsächlich in Lohnarbeit, welchen Geschlechtern wir uns zuordnen dürfen, wie wir mit der Gesellschaft interagieren müssen und die dabei versprochene Selbstentfaltung darf nur innerhalb ihrer engummauerten Normen geschehen. Die individuelle Freiheit wird nicht in dem Ausmaß, wie es die Querdenker*innen behaupten, durch die Corona-Maßnahmen des Staates eingeschränkt, sondern ihre Einschränkung liegt bereits in der grundlegenden Organisation des Kapitalismus, des binären Geschlechtssystem und des Nationalstaates, sowie im Rassimus, Ableismus und der Misogynie. Eine Gesellschaft, die sich von den Zwängen des bürgerlichen, nationalstaatlichen Kapitalismus befreit hat, ermöglicht für alle freie Entfaltung und freiwillige Beziehungen auf jeder Ebene des Zusammenlebens. Denn dies ist nicht nur die Freiheit für die Einzelnen, sondern die Freiheit für alle.
Der Kampf für die Freiheit muss also an ganz anderer Stelle angesetzt werden.
Deshalb erinnern wir uns daran: Das System ist gemein, aber nicht geheim.
Gegen Verschwörungsmythen, Antisemitismus und für den anarchakommunistischen Klassenkampf!